26 April 2024

Die Schafe können nichts dafür, die leiden unter F60.5

Das Hausschaf (Ovis gmelini aries) ist eine domestizierte Form des Mufflons und umgangssprachlich zugleich der Inbegriff von stumpfsinniger Blödheit; es gilt als furchtsam und leicht zu führen. Das stammt jetzt nicht von mir, sondern aus dem Wörterbuch der Brüder Grimm. Im übertragenen Sinne wird ein bestimmter Menschenschlag auch gern mit Schafen assoziiert – nicht erst seit den Auswüchsen der Corona-Plandemie. Ein Grund für den menschlichen Hang zum Schafsverhalten könnte neben galoppierender Geistesarmut auch eine Krankheit sein, die häufiger auftritt als gemeinhin angenommen.

Zurück zum Schaf. Dieses nützliche Tier ist für sein Herdenverhalten berühmt und berüchtigt zugleich. Im Grimmschen Wörterbuch wird zum Stichwort Schaf u.a. Georg Henisch mit den Worten „… wo ein schaf vorgeht, folgen die andern nach …” zitiert. Schafe sind einerseits genügsam und stellen keine hohen Ansprüche an ihre Dasein („Pfennigsucher”), andererseits äußerst friedfertig (abgesehen vom Widder, der einen potentiellen Konkurrenten recht rabiat aus seiner Herde vertreibt). Auf alle Fälle kämen Schafe nie auf den Gedanken (Gedanken sind ihnen ohnehin fremd), sich gegen den Schäfer oder dessen Hunde aufzulehnen. So ist es möglich, dass zwei, drei Hunde eine 100 oder mehr Schafe umfassende Herde im Griff haben.

Anders gesagt: Schafe tun, was die Obrigkeit anweist. Sie tun das ihr Leben lang, vom ersten bis zum letzten Blöken. Sie folgen der Herde, wohin diese auch zieht. Sie kennen ihre Nachbarschafe und trotten mit ihnen durch die Gegend. Weil ja so oft verlangt wird, der Wissenschaft™ zu folgen: Laut einer Untersuchung aus dem Jahr 2004  sind Schafe in der Lage, mehr als 50 Mitschafe an deren Gesichter zu erkennen. In Schafsgesellschaft sind die Mähs entspannter; selbst dann, wenn diese nur als Bild im Stall herumhängt. Im Gegensatz dazu bereitet ihnen Fremdes messbar Stress.

Nun zu den Menschen. Diese Spezies schafsgleich als Herdentiere zu bezeichnen, wäre politisch sicher unkorrekt, obwohl sachlich zutreffend. Also spricht man angepasster von „sozialen Wesen”. Genau wie in einer Schafherde setzt das Zusammenleben in einer Menschenherde Gesellschaft das Einhalten gewisser Regeln voraus. Wer an dieser Stelle an die zehn Gebote denkt, liegt einigermaßen richtig. Ignoriert man Nummer 1 bis 3 (das sind die zum Umgang mit dem Boss), bleiben sieben vernünftige Lebensregeln übrig: Chille am Sonntag, kümmere Dich um Deine Eltern, bring niemanden um, klau nicht und geh nicht fremd. Die siebente Regel dient der Prävention: Du sollst nicht begehren, was anderen Leuten gehört, dann klappt’s auch mit den Nachbarn.

Würden diese Regeln eingehalten, hätten wir das Paradies auf Erden. Zwar ein langweiliges, aber dennoch ein Paradies. Die Mehrzahl der Menschen ist auch irgendwie gewillt, mehr oder weniger regelgerecht zu leben. Das klappt nicht immer, aber niemand ist vollkommen. Immerhin werden Regeln zur Kenntnis genommen und – wenn es nicht zu unbequem ist – auch irgendwie befolgt. Gelegentlich werden alte und neu hinzukommende Regeln von den Angehörigen dieser Gruppe auch hinterfragt, auf ihre Angemessenheit diskutiert und im Einzelfall – sofern sich geeignete Mehrheiten finden lassen – geändert.

Neben dieser regelakzeptierenden Mehrheit gibt es den deutlich kleineren Teil derer, denen die Regeln schlicht und einfach egal sind. Sie setzen sich darüber hinweg, da die im ungünstigsten Fall zu befürchtenden Strafen sie angesichts der Vorteile, die sie aus den Regelverstößen ziehen, nicht ängstigen. Je nach herkunftsabhängiger Sozialisierung geht diese Gruppe soweit, sie schlichtweg als für sie nicht zutreffend bzw. gültig zu betrachten, da sie ihr eigenes Regelwerk als das allein seligmachende betrachten und ausleben.

Eine besondere Stellung nimmt die wachsende Gruppe der Menschen ein, denen es offensichtlich Lust oder zumindest Freude bereitet, sich Regeln zu unterwerfen. Die Rede ist an dieser Stelle nicht von den Furchtsamen, die ängstlich darauf bedacht sind, in keiner ihrer Lebensäußerungen geltendes Recht auch nur zu dehnen, geschweige denn dagegen zu verstoßen. Gemeint sind vielmehr Normopathen, denen der unstillbare Zwang innewohnt, sich an geltende Normen anzupassen. Sie streben in extremer Ausprägung nach einem Höchstmaß an Konformität und geben dafür ihre Individualität auf. Geltende Normen und Konventionen werden bedingungslos eingehalten, Regeln selbst im Fall offensichtlicher Sinnlosigkeit nicht hinterfragt.

Das klingt verrückt? Ist es in gewisser Weise auch, denn nicht ohne Grund ist die Normopathie unter dem Code F60.5 als zwanghafte Persönlichkeitsstörung nach IDC-10 klassifiziert. Wer’s nachlesen möchte: Der Psychiater Erich Adalbert Wulff hat diese Störung in seinem 1972 erschienenen Buch „Psychiatrie und Klassengesellschaft …” beschrieben. Interessant ist dazu auch Hans-Joachim Maaz „Das falsche Leben …”.

Normopathen haben eine Menge mit Schafen gemein. Sie ecken nicht an, fallen nicht auf, denken nicht eigenständig und lassen sich von Kläffern den Weg weisen, die selbst „nur Befehlen gehorchen”.  Sie sind die perfekten Untertanen, sofern absolute Unterwürfigkeit und Regelkonfomität (in summa aka Kadavergehorsam) zu  Primärtugenden erklärt wird. Bestimmte Tätigkeitsfelder sind für Normopathen wie geschaffen, denn ihnen liegt das emotionslose, denkbefreite Durchsetzen von Anordnungen. Beispiele finden die Leser meines Tagebuches sicher selbst.

Während der Corona-Plandemie sind Normopathen zur Höchstform aufgelaufen. Es gab Regeln und Normen in kaum noch überschaubarer Menge, die zudem ohne erkennbaren Grund geändert, zurückgeändert, verschärft, aufgehoben und erneut erlassen wurden. Während eigenständig denkende Menschen Tag für Tag Gefahr liefen, als Querdenker, Coronaleugner, Massenmörder, Nazis und was auch immer beschimpft und von wütenden Kläffern ihren Befehlen folgenden Polizeibeamten gemaßregelt oder verprügelt zu werden, wähnten sich Normopathen im irdischen Paradies. Sie taten, was immer von ihnen verlangt wurde. Sie blieben im Haus, froren in dicken Wintersachen bei weit geöffneten Fenstern, hielten auf den Zentimeter genau den verlangten Abstand, denunzierten regelwidrige Nachbarn, zeigten jedem Hilfskellner den verlangten Eintrag in den Impfpass und ließen sich fröhlich injizieren, was immer befohlen wurde.

Und wenn sie nicht (daran) gestorben sind, dann leben sie noch heute normgerecht und ohne irgendetwas zu hinterfragen. Danke, F60.5

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Verfasst 26. April 2024 von admin in category "Aktuelles

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