26 März 2024

Eine besondere Art von Pech: Röntgen, Tesla und ein Heizungsklempner.

Der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen (1845 – 1932) hat sich in der deutschen Sprache in ähnlicher Weise verewigt wie Johann Carl Weck, genau, der mit den Einmachgläsern. Beider Namen sind im Deutschen zum Inbegriff eines Produktes bzw. Verfahrens geworden, von beider Namen leiten sich zudem Verben ab, die die entsprechende Tätigkeit beschreiben; also röntgen und einwecken. Im Unterschied zu Weck machte Röntgen seine Entdeckung allerdings selbst und vermarktete nicht nur die Erfindung anderer. Wobei: Im Fall des Einweckens ist das durchaus von Vorteil, denn hätte sich der Name des Erfinders durchgesetzt würde in deutschen Küchen heute eingerempelt.

Zurück zu Wilhelm Conrad Röntgen. Er nannte die von ihm entdeckten Strahlen, weil sie bis dato unbekannt waren, X-Strahlen. Erst später wurden sie ihm zu Ehren als Röntgenstrahlen bezeichnet, weltweit dominiert der Begriff X-Strahlen (X-ray). 1901 erhielt Röntgen für seine Entdeckung den erstmals verliehenen Nobelpreis für Physik. Hoch anzurechnen ist ihm, dass er seine Erfindung nicht in klingende Münze verwandelte, sondern angesichts ihrer Bedeutung zur Nutzung freigab. Das machte den Weg frei für die umfassende Nutzung des Röntgens in Medizin und Technik und dürfte mindestens so viele Leben gerettet haben wie z.B. die Entdeckung der ersten Antibiotika.

Dabei hätte es auch ganz anders kommen können. Wie? Nicht nur Wilhelm Conrad Röntgen befasste sich mit Katodenstrahlröhren, der Quelle der Röntgenstrahlung. Johann Hittorf und William Crookes brachten die Röhren zwar zum Strahlen, erkannten aber deren Wesen nicht. Heinrich Hertz bemerkte zwar, dass Fotoplatten in der Nähe der Röhren geschwärzt wurden, kam aber nicht auf den entscheidenden Gedanken, das zu nutzen.

Anders als Nikola Tesla (1856 – 1943), der umtriebige Erfinder und Pionier der Elektrotechnik. Er beschäftigte sich ab 1894

Teslas Röntgenaufnahme seines eigenen Fußes. Foto: gemeinfrei

mit der neu entdeckten Strahlungsquelle und stellte umfangreiche Experimente an. Dabei entstand unter Verwendung einer 2,4 m (!) entfernten Röhre u.a. eine Aufnahme seines Fußes. Das Bild zeigt nicht nur die Knochen des Fußes, sondern auch die Metallteile des Schuhs, in dem Teslas Fuß steckte. Deutlich zu sehen sind die Absatznägel und die metallenen Führungen der Schnürsenkel.

Tesla hatte die von ihm genutzten Röhren selbst entwickelt und nutzte auch einen Hochspannungstransformator aus eigener Herstellung für deren Betrieb. Tesla gestand Röntgen die volle Anerkennung für die Entdeckung zu. Im Gegenzug gratulierte Röntgen Tesla jedoch zu dessen anspruchsvollen Aufnahmen und staunte angesichts der beeindruckenden Ergebnisse.

Dass letzten Endes Röntgen und nicht Tesla die sprichwörtliche Nase vorn hatte, ist auch einem Zufall geschuldet: Am 13. März 1895 vernichtete ein Brand Teslas Labor mit sämtlichem Inventar, allen Geräten, Unterlagen und Aufzeichnungen. Auslöser des Brandes war eine Heizungsfirma, die sich im selben Gebäude im Erdgeschoss befand. Dieser Brand war Tesla nicht nur in seiner Arbeit zurück, sondern stürzte ihn auch in eine depressive Phase. Zudem bereitete ihm das Einrichten eines neuen Labors finanziell erhebliche Probleme.

Ohne den Brand hätte der geschäftstüchtige und vermarktungsorientierte Tesla aller Wahrscheinlichkeit nach Röntgenapparate auf den Markt gebracht, die allerdings genau so nicht geheißen hätten. Ganz sicher hätte er auch nicht wie Wilhelm Conrad Röntgen auf den Schutz durch Patente und Einnahmen aus Lizenzen verzichtet, sondern die Entdeckung ausgebeutet. Die Einführung des ersten bildgebenden Verfahrens wäre mit Sicherheit langsamer verlaufen. Auf keinen Fall würde ein deutscher Arzt seinen Patienten „zum Röntgen” schicken. Vielleicht „zum Teslaen”?

Danken wir daher dem namentlich nicht bekannten Handwerker, der Teslas Werkstatt abfackelte. Und danken wir auch der glücklichen Fügung, dass Conrad Wilhelms Familienname nicht Vogel lautete. Nichts auszudenken …   -ad


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Verfasst 26. März 2024 von admin in category "Aktuelles

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