16 Mai 2024

Gendermumpitz 2.0: Wenn Muttersprachler ins Straucheln geraten

Es gibt viele Argumente gegen den grassierenden Genderwahn. Der Verein Deutsche Sprache, dem auch ich angehöre, führt u.a. die Ausgrenzung von Autisten und Blinden durch * und _ an, weist aber auch auf die Probleme hin, die das gedankenlose Gendern Nichtmuttersprachlern bereitet. Nun gehöre ich keiner der drei Beispielkategorien an (Ehe jetzt jemand die Hand hebt: Meine gelegentlichen Schrullen haben nicht mit Autismus zu tun, sondern sind liebenswerter Eigenheiten), ertappte mich aber kürzlich mehrfach dabei, in meiner deutschen Muttersprache geschriebene Text misszuverstehen bzw. beim Lesen ins Stocken zu geraten. Beispiel gefällig? Aller schlechten Dinge sind … 3.

Nummer 1: In meiner Brot- und Butter-Tätigkeit als Zeitungsmensch redigierte ich einen Artikel über die Varoa-Milbe. Sachkunde für Nichtimker: Dieses kleine Viech macht Bienenvölkern den Garaus. Tritt der Befall ein, war’s das. Behandlung ist eher nicht möglich, allenfalls Prävention. Der Autor des besagten Artikels ist ein kreuzbraver Wissenschaftler und als junger Mensch auf dem Gendertrip. Ich konnte ihm im Laufe unserer Zusammenarbeit zwar Sternchen und Unterstriche abtrainieren, aber bis zum Verständnis des generischen Maskulinums habe ich ihn noch nicht gebracht. Im Text wies der Autor auf Möglichkeiten der Prävention hin. Dazu gehöre, dass ein betroffener Imker seine Mitimker warnt, wenn in einem seiner Völker die böse Milbe zugeschlagen hat. Im neudeutschen Klartext: Die Imker müssen besser miteinander kommunizieren, um im Gefahrenfall Vorkehrungen treffen zu können.

Im woken Gendersprech „meines” Textlieferanten las sich das anders: „Die Imker und Imkerinnen müssen besser miteinander kommunizieren.” Hmmm. Ich weiß nicht, wie es den Lesern meiner unbedeutenden Gedankensammlung geht, sondern kann nur für mich sprechen: Wenn ich das Wort Imker höre, denke ich nicht an Männlein und Weiblein, sondern an eine Gestalt mit breitkrempigem Hut und Tüllgardine, die mit dem Smoker in der Hand um die Waben tanzt. Ohne dem Imker sein Geschlecht nehmen zu wollen, spielt dieses beim Imkern keine Rolle. Die ausgeübte Tätigkeit steht im Vordergrund und überdeckt das biologische Geschlecht. Beim abendlicher Imkertreffen in geselliger Runde darf das gern anders sein, aber machen nicht Imkerinnen und Imker miteinander rum, sondern Männer und Frauen, die zufällig auch Imker sind.

Nummer 2: Es geht um den Berufsstand der Richter. Dass diese Profession von Vertretern beider Geschlechter ausgeübt wird, ist nicht neu. Und so gehören dem Deutschen Richterbund auch Richter (und Staatsanwälte) in männlicher und weiblicher Bauweise an. Die Vertreter der robentragenden Zunft stören sich offensichtlich nicht daran, dass ihr Dachverband in seinem Namen auf Sternchen verzichtet und auch den Blödsinn eines falschen Partizipkonstruktes („Richtendenbund”) nicht mitmacht. Lustig wird es allerdings, wenn in amtlichen Texten oder Medien genderkorrekt über „Richterinnen und Richter” geschrieben wird. Diese Nettigkeit ist mir verschiedentlich untergekommen, tritt jedoch häufiger auf und hat es sogar bis in die Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts geschafft. Da ist dann z.B. von „drei Richterinnen und Richtern” die Rede. Wohlgemerkt: Es geht nicht um jeweils drei des einen und drei des anderen Geschlechts, sondern um in summa drei. Wer einigermaßen mitdenkt, kommt zu der Erkenntnis, dass sich unter den drei Roben entweder zwei Richterinnen und ein Richter oder vice versa eine Richterin und zwei Richter verberbergen, folglich der Plural für beide Geschlechter Mumpitz ist. Merke: Wer Gendern will, sollte den Verstand nicht ausschalten. Mitunter hilft ein „bzw.” statt des Wörtchens „und”.

Nummer 3: Ein besonders schönes Beispiel galoppierenden Genderblödsinns lieferte (mal wieder) die „Leipziger Volkszeitung”. Am 15. Mai 2024 berichtete das Lokalblatt (Paywall) in großer Aufmachung über die Kritik an einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Leipziger-Schönefeld. Um es kurz zu machen: In einer ziemlich abgelegenen Ecke der Stadt soll ein Neubau für 660 Flüchtlinge entstehen. Kritik kommt von verschiedenen Parteien u.a. wegen der Lage, der Dimension und des Grundstückspreises. So weit, so gut.

Eine Stadträtin der Linken sprach sich für eine Reduzierung der Unterkunft auf maximal 200 Plätze aus.  In der LVZ heißt es dazu wörtlich: „In den anderen Teilen könnten Wohnhäuser für Studentinnen, Auszubildende, Sozialwohnungen oder Ähnliches entstehen.” Wer den Sprachgebrauch besagter Stadträtin nur ein wenig kennt, findet den Fehler: Die Stadträtin sprach sicher von „Wohnhäusern für Student*innen” (was sprachlich schlimm genug ist), aber den Aufschreibern ist der Knacklaut entgangen, sodass der Vorschlag für ein Studentenwohnheim dank Genderpause sinnentstellend zum potenziellen Frischfleischangebot für Jungmänner wurde.

Alle drei Beteiligten, die zwei Aufschreiber von der LVZ und die Stadträtin, sind deutsche Muttersprachler. Dennoch haben sie einander gründlich missverstanden. Und nun denken wir mitleidsvoll an Nichtmuttersprachler … -ad

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Verfasst 16. Mai 2024 von admin in category "Aktuelles", "Wunderliches

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