2 März 2024

Glaubensfragen. Oder: Wer etwas weiß, muss es nicht glauben.

„Glaube mir”, verlangt Python Kaa im Dschungelbuch von Mogli; „Glauben Sie an den Klimawandel?”, werde ich online gefragt. Und in Korinther 1, 13, 2 ist vom Glauben die Rede, der Berge versetzen kann (Allerdings steht das dort nicht ganz so). Was hat es also auf sich mit dem Glauben? Und warum glaube ich nicht an den Klimawandel?

Zugegeben, die letzte Frage ist provokativ. Deshalb die Auflösung dieses Rätsels zuerst: Ich weiß, dass es den Klimawandel gibt, es gibt ihn seit Beginn der Erdgeschichte. Weshalb sollte ich also im Hinblick auf den Klimawandel von „glauben an” sprechen? Glauben beginnt dort, wo das Wissen endet. Im Brockhaus (1989, Band 8) heißt es: Unter Glauben versteht man ein Fürwahrhalten ohne methodische Begründung. (Für die jüngeren Leser: Der Brockhaus war (genau wie Meyer usw.) ein Lexikon. Das ist so etwas wie eine gedruckte Wikipedia, die naturgemäß nicht tagesaktuell sein kann, dafür aber auch nicht von Aktivisten verhunzt wird und einen nicht laufend um Spenden anfleht.)

Wer es lieber digital mag: Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (sehr zu empfehlen, weil werbefrei und im Gegensatz zum Duden gänzlich unwoke) schreibt: Glaube ist „das auf einer inneren Überzeugung beruhende Fürwahrhalten von Dingen, Erscheinungen, die objektiv nicht bewiesen sind”. Wer’s ganz genau ergründen will und etwas Zeit mitbringt, lese dazu im Wörterbuch der Brüder Grimm nach.

Glaubensumfrage im SPD-dominierten Madsackkonzern.

Zurück zum Thema. Wenn etwas nicht sicher ist, kann man es glauben, muss es aber nicht. Ich weiß nicht, ob der amerikanische Anwalt¹, der mir eine Millionenerbschaft in Aussicht stellt, dafür aber eine Vorauszahlung auf seine Unkosten verlangt, mir nach Überweisung von 8.324 $ tatsächlich die Millionen des mir unbekannten Hintergroßonkels schickt. Aber ich kann es ihm glauben und bin 8.324 $ los. Wenn ich es ihm nicht glaube, behalte ich die Kohle, werde aber nie erfahren, ob nicht doch etwas an der Millionensache dran war. So etwas nennt man wohl Glaubenszweifel.

Ähnlich ist es in der Politik. Ein gewisser Jürgen Trittin (seines Zeichens ein Grüner, von bösen Menschen auch fälschlich als Ökotaliban gescholten) hatte dem tumben Wahlvolk versprochen, dass die Energiewende zum Preis einer Kugel Eis zu haben sei. Wer es besser wusste, hat ihm nicht geglaubt. Wer keine Ahnung hatte, glaubt ihm diesen Unfug vielleicht, ähnlich wie die Menschen, die Jahrzehnte zuvor auch Norbert Blüms „Die Renten sind sicher” glaubten, obwohl die damals bereits deutliche demographische Entwicklung eine andere Faktenlage erkennen ließ. Manchmal ist es halt bequemer und beruhigender, etwas zu glauben. Das gilt auch für die wahren Grüngläubigen, die Jürgen Trittins Eiskugelpropheterie für bare Münze nahmen und dafür nun eben diese Münze einmal mehr umdrehen müssen. Tragisch ist, dass das mit dem Münzdrehen auch für die aufgeklärten Zeitgenossen zutrifft, die es besser wussten und dem Ökotypen von Anfang an nicht geglaubt hatten. Was lehrt uns das? Wenn genug Deppen in ihrer Einfalt auf irgendeinen Mumpitz reinfallen und glauben, was ihnen vorgebetet wird, sind auch die Wissenden angeschmiert. Das muss diese Demokratie sein, von deren Schutz in jüngerer Zeit so oft die Rede ist, glaube ich.

Eine gewisses Maß an Gut- oder Leichtgläubigkeit findet sich bei vielen Menschen. Es lässt sie ruhiger durchs Leben kommen, denn Dummheit zweifelt nicht. Ja, die Leichtgläubigkeit kann sogar der eigenen Karriere dienlich sein, denn wer nicht zu viel (hinter-)fragt, tut, was man ihm sagt und sich nicht allzu blöd anstellt, kommt voran im Leben und erklimmt irgendwann genau die Position, die ihn überfordert. Beispiele für solcherart Karrieren finden sich im politischen Betrieb zuhauf, wobei das Phänomen in höchsten Ämtern an Häufigkeit zunimmt.  -ad

¹ Auf den weitaus häufigeren kenianischen Prinzen habe ich an dieser Stelle verzichtet. Koloniales Erbe, Rassismus und so; Ihr versteht.


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Verfasst 2. März 2024 von admin in category "Aktuelles

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